Im Oktober 1919 gründete der Mechanikermeister Erich Goyn auf dem Gelände der ehemaligen Bäckerei Donath in der Vorstädtischen Hauptstraße eine Werkstatt zur Reparatur von Fahrrädern und Nähmaschinen.
Es waren schwere Zeiten, in denen alles versucht wurde, um zu überleben. In den zwanziger und dreißiger Jahren flog der Kuckuck vom Amt oft nur knapp vorbei. In den Dreißigern erfolgte ein gewagter Neubau am jetzigen Standort in der heutigen Bahnhofstraße. Schon damals war ein Wohn- und Geschäftshaus geplant. Zunächst reichten die Mittel jedoch nur für ein Werkstattgebäude und eine Tankstelle. „Deutsche tankt deutsch“ war der Slogan der einzigen Leuna-Tankstelle in Lübbenau.
Seit 1936 war der älteste Sohn Hermann im Unternehmen tätig. Nach dem Krieg folgte eine entbehrungsreiche Zeit, in der man sich hauptsächlich mit Reparaturen und Ausbesserungen beschäftigte. Es blieben Fahrräder, Mopeds und Nähmaschinen sowie die tausend kleinen Dinge, die in dieser Zeit am Leben gehalten werden mussten. Da der Handel untersagt war, gab es keine große Luft nach oben.
Im Jahr 1961 übernahm Hermann Goyn das Geschäft. Garantieverträge mit Diamant, Mifa und Simson folgten. Für die ostdeutsche Konsumgüterproduktion den Kopf hinzuhalten, machte nicht immer Spaß. Der Mann mit der Baskenmütze prägte mit seiner Bescheidenheit und ruhigen Art den Charakter des Ladens für lange Zeit. Die akute Materialknappheit geriet dabei fast in Vergessenheit. So überlebte die Firma sogar die Verstaatlichung.
1988 stieg der Enkel Peter Hnida in das Geschäft ein und gab dafür seinen Traumberuf des Lokführers auf. Die Wende sorgte für Freiheit im Denken und Handeln. Ab jetzt wurden im kleinen Rahmen Fahrräder und Zubehör verkauft.
In diesen wilden Zeiten um 1990 übernahm Peter Hnida die Firma von seinem damals 71-jährigen Großvater. Das Unternehmen wuchs in kleinen Schritten, sodass 1992 der Neubau des Ladengeschäftes erfolgte. Heute stehen Handel und Service im Mittelpunkt.
Hermann Goyn verstarb 1998, er hatte fast bis zum letzten Tag hinter seinem Schraubstock gestanden. Längst hatte man sich voll auf das Fahrrad konzentriert. Es folgte eine Filiale in Lübben, die dem Wandel im Handel nicht standhielt und später wieder geschlossen wurde. Das Einkaufsverhalten und die Einkaufs kultur ändern sich permanent und stellen eine große Herausforderung dar.
Im Jahr 2005 erfolgte dann die Vergrößerung der Verkaufsfläche und die Konzentration auf einen Standort.
Im Jahr 2014 erfolgte die Gründung einer KG, wodurch die Firmennachfolge frühzeitig geregelt wurde. Heute führen Peter Hnida und Robert Reißmann das Unternehmen gemeinsam. Dieser Schritt war und ist sicher ungewöhnlich, doch er verschafft allen in diesen unsicheren Zeiten eine gewisse Ruhe und Planungssicherheit.
In dieser Zeit wurden fast 20 Lehrlinge ausgebildet, und alle heutigen Mitarbeiter stammen aus dem eigenen Rennstall. Sechs Menschen haben hier ihren Broterwerb. Fahrrad Goyn ist heute ein modernes Fachgeschäft, das sich auf die neue E-Mobilität spezialisiert hat. Leasing, Onlinehandel und Lastenräder sind die neuen Herausforderungen.
Auf die nächsten hundert Jahre!